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tl;dr #52 Karl Marx: «Das Kapital» Band 2 | mit Christian Schmidt

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Im ersten Band des Kapitals hat Karl Marx den Produktionsprozess des Kapitals dargelegt. In dem viel weniger gelesenen Band II geht es um den Zirkulationsprozess des Kapitals. Das Kapital ist in einer kreislaufförmigen Metamorphose: Geldkapital wird vom Kapitaleigentümer in Ware umgetauscht, die ihm wiederum als Produktionsmittel dient. Die Produktionsmittel wiederum dienen zur Herstellung der Ware, und die Ware wird ihrerseits wieder zu Geld, wenn sie verkauft wird, sodass der Kreislauf von vorne beginnt. Am Ende dieses Kreislaufs, der an jedem Punkt Anfang und Ende ist und den der Kapitaleigentümer immer weiter fortsetzt, bekommt er mehr Geld und mehr Ware, als er vorher in den Kreislauf hineingegeben hat – es entsteht ein Mehrwert.

Allerdings kommt es in diesen Metamorphosen immer wieder zu Stockungen: Etwa, wenn der Kapitaleigentümer nicht genug Rohstoffe oder Arbeitskräfte findet, wenn es Streik gibt oder wenn die Waren an Wert verlieren oder es nicht genug Abnehmer gibt. Das Geld bleibt dann «unproduktiv», was zur Schatzbildung führt. Das Krisenhafte gehört zur Durchschnittsbewegung dieser Kreisläufe. Ohne explizit eine krisentheoretische Überlegung zu machen, wird das inhärent Krisenhafte des Kapitalismus hier zumindest angedeutet. Im zweiten Teil des Buchs legt Marx den Unterschied zwischen fixem und zirkulierendem Kapital dar, im dritten Teil geht es um die Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Auch in diesen Kreisläufen gibt es Stockungen und Krisen.

Zu Gast bei Alex Demirović ist in dieser Sendung Christian Schmidt, Autor von Marx zur Einführung, der an der Humboldt Universität zu Berlin lehrt und forscht.

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Kommentare

by Sara Katsani on
Leider thematisiert Alex Demirovic in seiner Einführung viele wesentlichen Punkte dieses Bandes des Kapital nicht: Er erwähnt zwar den Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital, erklärt aber nicht, warum Marx diesen für ihn so wichtigen Unterschied macht und dass das eine genuin Marxsche Unterscheidung ist. Entsprechend erläutert Demirovic nicht, was der Unterschied zwischen fixem und zirkulierendem Kapital ist und auch nicht, was der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Momenten und dem konstanten und variablen Kapital ist. Damit geht eine wesentliche ideologiekritische Dimension des Bandes flöten. Ebenso kann er nicht wirklich erklären, warum Marx soviel Wert legt auf den Unterschied zwischen den drei Zirkulationsformen am Anfang. Hier wäre zum Beispiel ein Hinweis auf die Theoriegeschichte nützlich gewesen, da jeder dieser Kreisläufe die Vorstellungswelt einer bestimmten Theorietradition darstellt. Marx kritisiert den einen Kreislauf mit dem anderen und das ist ein schönes Beispiel für Darstellung als Kritik. Das wird aber leider nicht deutlich. Auch verpasst die Episode den wesentlichen Gehalt des Kapitels von den Umschlägen des Kapitals: Hier versucht Marx zu zeigen, dass die Umschläge des fixen und des zikulierenden Kapitals so unterschiedliche Zeiten haben, dass systematisch immer wieder Geldkapital freigesetzt wird oder Geldkapital fehlt, um den Kreislauf kontinuierlich am Laufen zu halten. Das Argument richtet sich u.a. gegen die bürgerliche Gleichgewichtsstheorie bzw. das Saysche Theorem. Genauso verfehlt deshalb die Einführung den Charakter der Reproduktionsschemata, deren wesentlich kritisches Moment ebenfalls ist zu zeigen, dass die Reproduktion nicht als Gleichgewichtsmodell denkbar ist und dass deshalb Krisenmomente hier notwendig immer schon gesetzt sind. Christian Schmidt hat davon sehr viel mehr Verständnis, retten kann er dies Folge aber nicht.

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Der Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Too long, didn’t read – so geht es einigen beim Anblick der Klassiker linker Theorie. Die über zweitausend Seiten langen Gefängnishefte von Antonio Gramsci, die komplizierten Schinken von Marx oder Edward Said – wenn ihr keine Zeit habt, die Bücher alleine durchzuackern oder eine Einführung sucht, dann hört euch den Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung an.

Durch den Podcast führt Alex Demirović. Der Professor für Politikwissenschaft an der Uni Frankfurt ist Vertreter der kritischen Theorie und Kenner sämtlicher linker Standardwerke. In jeder Folge stellt Alex Demirović Schlüsselwerke der linken Theorie vor. Es werden die zentralen Thesen der Werke und ihre heutige Relevanz diskutiert. Die Spannbreite liegt dabei vom klassischen Marxismus, Kritischer Theorie, Feminismus, antikoloniale Theorie, Poststrukturalismus bis hin zu Hegemonietheorie und Existenzialismus.

Prof. Alex Demirović gibt euch in kurzen Vorträgen eine Einführung in die Biografie der Theoretiker*innen und fasst die zentralen Thesen zusammen. Anschließend diskutiert Alex Demirović in jeder Folge mit einem Gast über das Werk und seine Relevanz für aktuelle politische Kämpfe.

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